Zum Nordkap – und wieder zurück – 1 –

Eine ganz besondere Reise

2023-05-10

Seit ein paar Tagen gibt es  einen Wechsel in der Vorbereitung: War es bis jetzt so, dass wir in der Hauptsache den Weg zum Nordkap planten, geht es jetzt tatsächlich um die ersten Einkäufe und um Planungen, was wir unterwegs so alles benötigen.

Wir, dass sind Diane, 53 Jahre, Mutter von 2 erwachsenen Kindern und Reinhard, 68 Jahre alt, 3 Töchter und 5 Enkelkinder. Sicher werdet ihr uns im Verlauf der Reise auf diesem Weg etwas genauer kennenlernen.

In der vorigen Woche haben wir 2 Campingstühle gekauft, einen kleinen Tapeziertisch umfunktioniert zum Campingtisch (nebst dazu gehörender Tischdecke) und eine Picknicktasche, die schon lange im Keller auf ihren nächsten Auftritt wartete, reaktiviert.

Dazu habe ich unser Auto mit Teppichboden ausgelegt (Ja, du liest richtig: Wir fahren ohne Rückbank.) Stattdessen liegt dort jetzt ein passend zurecht geschnittenes Stück Teppich. Dazu kommen noch zwei klassische Isomatten und Schlafsäcke, damit wir auch unterwegs mal ausruhen können. Der ursprüngliche Plan war: Allein und so spartanisch wie möglich.

Heute habe ich erstmals Dinge für unterwegs gekauft: Motorenöl, Zahnpasta, Haribo usw.. Langsam weicht der Planungsdruck der Vorfreude. Es sind noch 5 Wochen.

Auch heute beginnt mein/unser Blog. Vielleicht wird schlussendlich ein Buch draus. Auf jeden Fall soll es eine Hilfestellung für Menschen werden, die gehändicapt sind, aber den Mut haben, etwas ganz Besonders zu erleben.

Denn das unsere Reise zum nördlichsten Punkt Europas auf jeden Fall etwas Besonderes wird, steht jetzt schon fest.

Foto: http://www.arcticguideservice.com

Aber der Reihe nach. Vor einigen Jahren entstand der Wunsch, einmal ganz allein für längere Zeit durch Norwegen zum Nordkap zu fahren. 8 Wochen hatte ich im Kopf. Zweimal war ich schon in Norwegen unterwegs. Die Begebenheiten in Norwegen sind mir also bekannt. Einmal als Familienurlauber unterwegs von Südnorwegen bis Trondheim, ein zweites Mal als Fahrradpilger zum Jerusalem des Nordens, also wieder nach Trondheim. Dabei wurde ich teilweise von meiner Tochter Sophia begleitet. Sowohl im Rucksack (1997) als auch auf dem Rad (2010).

Irgendwann war klar, 2023 sollte es sein. Dann bin ich Rentner und kann meine Zeit frei einteilen. Weitestgehend jedenfalls. So die Überlegungen. Inzwischen bin ich 2 ½ Jahre im Rentenalter und gewöhne mich langsam daran, weniger zu arbeiten. Trotzdem war es bei den ersten Gedankengängen zu dieser Reise schon so, dass Absprachen im Beruf erforderlich waren. Ich habe mir den Sommer 2023 frei gehalten.

Und dann war ich plötzlich in einer neuen Partnerschaft. Diane trat in mein Leben. Und damit änderte sich für mich sehr viel. Seit 3 Jahren leben wir jetzt in großer Harmonie und positiv den Dingen des Lebens zugewandt. Irgendwann erzählte ich Diane, dass ich bald eine große Reise zum Nordkap machen wolle. Und mich völlig entwaffnend sagte sie: „Da will ich mit!“
Dazu muss man wissen, dass Diane nierenkrank ist und alle 2, 3 Tage dialysieren muss. Und jetzt zum Nordkap? Und wieder zurück? Wie soll das gehen? 8 Wochen war zuletzt mein Plan. 8 Wochen sind 56 Tage. 56 geteilt durch 2,5 sind über 20 Dialysen. Das sprengte wirklich meine Vorstellungskraft. Eigentlich wollte ich ja allein fahren.
Wir haben eine Lösung gefunden: Bis zum Nordkap fahren wir zusammen, versuchen für die Dialysen unterwegs Stationen zu finden. Dann fliegt Diane heim und ich fahre mit dem Auto 4 Wochen die ganze Tour rückwärts. So war der grobe Plan. Ein guter Kompromiss!

Seit Jahren weiß ich, was Reiseorganisation mit und für einen kranken Menschen bedeutet. Diane ist zu 100 % schwerbehindert und benötigt eine Begleitperson. Ich habe das über 10 Jahre im ambulanten Kinderhospizdienst gelernt. Dort durfte ich einen jungen Mann über diese lange Zeit begleiten. „Ich weiß nicht, ob ich das schaffe!“ habe ich Diane zu Beginn unserer Partnerschaft gesagt. Heute, 3 Jahre später weiß ich: Wir können das nur gemeinsam „schaffen“. Und wir sind auf einem guten und liebevollen Weg. Voller Vertrauen, Respekt und ganz viel Vergnügen. Wir sind ein tolles Paar geworden. Und waren übrigens bereits im November 2021 eine Woche in Luxor/Ägypten. Mein Freund Mahmut hat vor Ort für Diane die Dialysen organisiert. In einem Krankenhaus in der Stadt. Diane damals kurz vor dem Flug: „Wenn es nicht klappt, fliege ich am nächsten Tag wieder heim!“ Sie ist eine mutige Frau.

Was wir in Luxor erlebt haben, kannst du hier sehen und nachlesen:
https://renardum.com/2021/12/22/dialyse-in-agypten-dialysis-in-egypt-geht-das-auch-auserhalb-der-touristenregionen/

Seit 2 Tagen steht unsere Reise zum Nordkap. Jedenfalls der Hinweg. Alle Dialysestationen unterwegs sind fest. Dianes Rückflug mit den erforderlichen Besonderheiten auch. Was das alles in der Vorbereitung bedeutet, schreibe ich später. Und die Vorbereitung ist ja noch lange nicht fertig. Jetzt beginnt der medizinische Aspekt.

8 Wochen reisen bedeutet aber auch: Organisieren, wer unsere Schildkröten versorgt, wer den umfangreichen Staudengarten bewässert. Den Giersch wird’s freuen… 3 Wochen Garten und Tiere versorgen ist in den Ferien nichts Besonderes. 8 Wochen schon. Also habe ich einen Plan gemacht. Familie und Nachbarn für die Kröten, eine gute Bekannte für den Garten. Danke dafür! Schafft das in die Jahre gekommene Auto den langen Weg? Im Moment wird es fit gemacht. Nächste Woche bekommt es die TÜV-Abnahme für 2 Jahre.

8 Wochen reisen bedeutet auch – speziell für mich –  mein Fotoequipment vorzubereiten. Als ambitionierter Fotograf und Privatdozent bin ich auch immer Kommunikator. Ich möchte zeigen, wo wir waren, was wir erlebt haben. Wie das mit der Dialyse klappt. Was davor und danach passiert. Vor allem will ich aber das tolle Land im Norden Europas so fotografieren, dass nicht nur redaktionelles Reiserlebnis dokumentiert wird, sondern vor allem auch Emotionales. Ich möchte kreativ fotografieren. Was das bedeutet, magst du auf meiner Homepage erkennen.

Heute früh habe ich mir Bilder von Edvard Munch angesehen und bin auf das Gemälde „Melancholy“ gestoßen. Gelesen habe ich dazu auch: „Moonlight on the beach“. Tja, das war eine Überraschung, denn: Bis jetzt habe ich nur über Sonnenauf- und -untergänge nachgedacht und über die Mitternachtssonne. Aber der Mond? Kam nicht vor. Jetzt schon. Spannend oder?

Und ich habe ein weiteres wunderbares Bild von Munch gefunden: „Two Human Beings“. Das soll uns auf der Reise begleiten.

Was für eine schöne Vorstellung.

Hier endet der erste Blog – quasi als Einstieg. Nummer 2 sollte kurzfristig folgen.

4 replies »

  1. Ich muss sagen, ihr Blog ließt sich fast wie ein Buch, und selbst in den bis jetzt relativ wenigen Zeilen, musste ich an manchen Stellen schon Schmunzeln und an Anderen stimmte es mich nachdenklich alla der Menne machts trotz wiedrigkeiten möglich. Aus der Warte gesehen, schon fast lächerlich, was für Gründe man sich selbst in den Weg legt, um Sachen Aufzuschieben.
    An der Stelle Respekt dafür, auch an die Werte Partnerin.

    P. S. für die Bewässerung des Gartens, hätte ich Ihnen gerne ein Angebot für eine Teil automatisierung gemacht… Skonto Abzug unzulässig…. auch für Menne.

    Wünsche euch viel Freude, Kraft und ein Tolles Erlebnis und mir selbst, dass sie den Blog auf dem Laufenden halten.

    P.S.S. Wer Fehler findet, darf sie behalten
    Liebe Grüße

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    • Ein sehr schönes Feedback. Dankeschön! Gerne mehr davon. Wahrscheinlich gibt es heute Abend den zweiten Teil.

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  2. Ich finde den ersten Eintrag schon spannend und werde den Bericht von Ägypten auch noch gleich lesen. Ich bin selbst erst 37 und dialysiere jetzt wieder seit acht Jahren, allerdings auch schon mal als kleines Kind viereinhalb Jahre und als Jugendlicher viereinhalb Jahre… Bin also mehrfach transplantiert und eine Chance auf eine erneute Transplantation ist relativ gering durch die vielen Antikörper der vorherigen Transplantationen… Ins Ausland habe ich mich mit Dialyse tatsächlich noch nicht getraut, schon deshalb lese ich natürlich aus eigenem Interesse weiter mit. Ich wünsche euch eine wundervolle Reise, ganz viel Spaß und Entspannung, aber natürlich auch, dass organisatorisch alles klappt! Teu Teuteu! Liebe Grüße Honey

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    • Liebe Honey, vielleicht hast du es auf Facebook gelesen: Ich schreibe diesen Blog auch für euch. Für Menschen, die eine ähnliche Krankheit haben und auf ärztliche Versorgung angewiesen sind. Ich würde mich freuen, wenn du auch weiter kommentieren würdest. Herzliche Grüße!

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